Gitarrenhaltung

Wie hält man eigentlich eine Gitarre richtig? Braucht man wirklich ein Fußbänkchen, und ist es OK, mit dem Daumen um den Hals zu fassen?

All diese Fragen gehen wir hier jetzt mal an. Ist nämlich alles gar nicht so schwer, wenn man einmal die unterschiedlichen Möglichkeiten, eine Gitarre zu halten, verstanden hat – und wenn man weiß, welche Sachen eher Geschmackssache sind, und bei welchen Sachen es sich um echte Haltungsfehler handelt, die Deiner Gesundheit schaden.

Zuerst unterschiedet man mal zwei Arten, eine Gitarre im Sitzen zu halten: Die Klassische Haltung, und die moderne (oder lockere) Haltung.

(Meine Beschreibungen beziehen sich auf Rechtshänder, die mit der linken Hand greifen. Solltest Du Linkshänder sein und mit der rechten Hand greifen, so musst Du alles umdrehen.)

Die Klassische Gitarrenhaltung im Sitzen

Bei der Klassischen Gitarrenhaltung sitzt Du entspannt, mit geradem Rücken und setzt Dein linkes Bein auf ein Fußbänkchen. Dadurch wird das linke Bein erhöht. Nun spreizt Du die Beine etwas auseinander und setzt die Gitarre mit der schmalen Stelle des Korpus auf den linken Oberschenkel. Die untere Korpuswölbung hältst Du zwischen den Beinen. Du hältst die Gitarre so, dass der Hals in einem Winkel von ca. 45 Grad nach oben zeigt.

Die Vorteile der Klassischen Gitarrenhaltung

  • Der größte Vorteil der Klassischen Gitarrenhaltung ist die Tatsache, dass Du Deinen Oberkörper sehr wenig verdrehen musst und sowohl die Wirbelsäule als auch die Schultern in einer geraden, entspannten Haltung sind. Man bekommt also wenig Rückenschmerzen oder Schulterschmerzen.
  • Ein weiterer Vorteil der klassischen Art, seine Gitarre zu halten: Du kannst das Griffbrett recht gut einsehen, da es relativ nahe am Kopf ist. Du brauchst Deinen Kopf nur leicht nach links drehen und schon kannst Du gut erkennen, was Deine Finger auf dem Griffbrett machen.

Die Nachteile der Klassischen Gitarrenhaltung

  • Du brauchst ein Fußbänkchen. Das ist blöd, denn das hat man nicht unbedingt immer dabei. Besonders nicht, wenn Du am Lagerfeuer die Gitarren von jemand anderem spielst.
  • Mit Westerngitarren die einen großen Korpus haben (z.B. eine Dreadnough) ist die klassische Haltung kaum möglich, da man seine Beine sehr weit auseinandernehmen müsste und der Hals durch den sehr großen Korpus sehr weit oben sein würde.
  • (Achtung, dieser Punkt ist sehr subjektiv🙂 Ja, ich gestehe, ich bin Freund der lockeren Gitarrenhaltung: Ich finde dass sich der Coolness-Faktor der klassischen Gitarrenhaltung eher in Grenzen hält. Aber das ist natürlich kein echtes Argument 😉

Die moderne / lockere Gitarrenhaltung im Sitzen

Typisch für Spieler einer Westerngitarre oder E-Gitarre ist die lockere Gitarrenhaltung. Dabei sitzt Du wieder entspannt, mit geradem Rücken und setzt diesmal die Gitarre mit der schmalen Stelle des Korpus auf das rechte Bein. Bei dieser Gitarrenhaltung ist der Gitarrenhals wesentlich mehr in der Waagerechten.

Die Vorteile der modernen / lockeren Gitarrenhaltung

  • Du brauchst kein Fußbänkchen.
  • Du kannst Dir jede Gitarre schnappen und in Deiner gewohnten Haltung spielen, ohne erst Zubehör hervorkramen zu müssen.
  • Die Position der Gitarre entspricht eher der Position im Stehen. Wenn Du also auch viel im Stehen Gitarre spielst – z.B. in Bands – dann wird es Dir entgegen kommen, dass Deine Gitarre und der Hals von der Spielposition her sich immer gleich anfühlen. Gerade bei schwierigeren Sachen ist das von Vorteil – sonst klappen manchmal Läufe, die Du im Sitzen geübt hast, im Stehen plötzlich nicht mehr.

Nachteile der modernen / lockeren Gitarrenhaltung

  • Gerade bei einem etwas größeren Korpus hat man die rechte Schulter bei der lockeren Gitarrenhaltung leicht erhöht. Dein Arm muss ja über den Korpus kommen. Dies sorgt bei längerem Spielen leicht für eine verspannte Schulter (—> siehe Gesund Gitarrenspielen).
  • Man kann den Hals nicht so gut einsehen.

Die Gitarrenhaltung im Stehen

Im Stehen hängt die Position der Gitarre vor allem damit zusammen, wo und wie Du Deinen Gitarrengurt befestigt hast und um was für einen Gurt es sich handelt.

  • Wenn Du Deinen Gurt, wie bei E-Gitarren üblich, am hinteren Korpusende und am oberen Korpushorn befestigt hast, so wirst Du die Gitarren von der Position her ganz ähnlich der modernen / lockeren Gitarrenhaltung halten. Du hast aber die Möglichkeit, den Gitarrenhals auch durchaus mehr in die Senkrechte zu bewegen. (Besonders dann, wenn Du Deine Gitarre sehr tief hängen hast.
  • Wenn Du Deinen Gitarrengurt am hinteren Korpusende und am Kopf der Gitarre festgeknotet hast, wie man es manchmal bei „Wandergitarren“ sieht, so kannst Du die Gitarre nur schlecht aus der Waagerechten bewegen. Die Position der Gitarre bzgl. Schlaghand ist auch nicht ideal – von dieser Art der Gitarrenhaltung im Stehen würde ich eher abraten.
  • Wenn Du Deine Gitarre mit einem Gurt befestigt hast, der an nur einer Stelle die Gitarre hält, z.B. mit diesem hier, so kommst Du durch die Flexibilität bzgl. der Position der Gitarre am ehesten in Richtung einer klassischen Gitarrenhaltung.

Wie tief oder hoch sollte man sich eine Gitarre im Stehen hängen?

Das ist natürlich Geschmackssache – allerdings gibt es neben „modischen“ Aspekten durchaus einen Bereich, der hinsichtlich der Entspanntheit beim Spielen ideal ist. Wenn Du die Gitarre umhängen hast, solltest Du den Hals mit geradem Handgelenk gut greifen können. (Wenn die Gitarre sehr tief hängt, musst Du Dein Handgelenk stark abknicken, um greifen zu können.) Besonders tief gehängte Gitarren sieht man besonders bei Gitarristen von Punkbands.

Manch einer übertreibt es aber auch wieder mit dem „Hochhängen“ und hat seine Gitarre fast unter dem Kinn. Besonders bei Fusion/Jazzgitarristen findet man das gerne mal.

Die Tatsache, dass man tatsächlich in bestimmten Musikrichtungen tendenziell Gitarren eher tief oder eher hoch hängt, zeigt schon, dass es hier eher um Mode und Style geht, als um sachliche Gründe. Hey, warum auch nicht. Viel ist tatsächlich Gewohnheitssache und wenn Du Deine Gitarre Stück für Stück tiefer hängst, weil Du es cool findest, dann wirst Du Dich daran gewöhnen und es wird sich für Dich normal anfühlen. Du kannst allerdings sicher sein, dass Du mit einer Gitarrenposition knapp über den Knien keine komplizierten Läufe oder kompliziertere Akkorde spielen kannst. Dafür musst Du Dein Handgelenk zu viel abknicken. (Allerdings ist das im Punk auch eher unüblich … 🙂

Wie hält man also seine Gitarre im Stehen richtig?

Lange Rede kurzer Sinn: Wenn Du anfängst Gitarre zu spielen, dann solltest Du Deine Gitarre unbedingt in „gemäßigter Höhe“ hängen haben. Das bedeutet:

  • Der Greifarm sollte ungefähr waagerecht sein, eventuell leicht nach oben zum Hals greifend
  • Das Handgelenk der greifenden Hand sollte gerade sein
  • Der Arm und die Schulter der Schlaghand sollten entspannt sein können, mit dem Ellenbogen ungefähr 45 Grad gebeugt
  • Mit obigen Regeln wird der Korpus der Gitarre (mit seiner Mitte, also Höhe Schallloch / Pickups) ungefähr auf Bauchnabel-Höhe sein

Weitere Punkte zum Gitarrespielen im Stehen

  • Dein Gitarrengurt sollte weich sein und gerade bei schwereren Gitarren breit genug, um nicht zu drücken und nicht im Nacken einzuschneiden. Mehr dazu im Kapitel Gitarrengurte.
  • Schau nicht dauernd nach unten auf den Hals, wenn Du spielst. Je schneller Du Dir angewöhnst Gitarre zu spielen, ohne dauernd nach unten zu schauen, umso schneller wird sich bei Auftritten Dein Publikum darüber freuen, dass Du bei ihnen bist und nicht nur bei Deinen Griffen. (… Ich rede jetzt von normaler Liedbegleitung oder den normalen Riffs im Bandkontext. Dass Du bei schwierigen Stellen im Solo oder bei anderen kniffeligen Parts auf das Griffbrett schaust, ist natürlich völlig in Ordnung.)

Handhaltung beim Gitarrespielen

Ein ganz wichtiges Thema, unabhängig davon, ob Du beim Spielen stehst oder sitzt: Die Handhaltung der greifenden Hand.

Hier gibt es einige Regeln die grundsätzlich gelten, aber auch einige Punkte, die sich je nach Musikstil, Gitarrenart und Spielstil unterscheiden und bei denen es kein so klares richtig oder falsch gibt.

Die Position des Daumens

Was immer gilt:

Der Daumen auf der Rückseite des Gitarrenhalses sollte nicht parallel zum Hals liegen, sondern ca. 90 Grad dazu. Nur so kannst Du den Hals sicher und effizient umgreifen und hast eine ideale Position, um die Kraft der Hand effizient auf die Finger zu übertragen.

Was erstmal gilt:

Wenn Du mit dem Gitarrespielen anfängst, dann sollte Dein Daumen auf der Rückseite des Gitarrenhalses liegen. Zwischen der Beuge Deiner Hand zwischen Daumen und Zeigefinger und dem Hals sollte /darf durchaus noch etwas Luft sein. Auf diese Weise lernst Du, die Finger senkrecht auf die Saiten zu setzen und entspannt und mit möglichst wenig Kraft zu spielen.

Später allerdings kann es durchaus sein, dass Du Deinen Daumen oben etwas weiter um den Hals herumwandern lässt. Dass Du den Hals also etwas mehr „wie einen Baseballschläger“ anfasst. Bei manchen Akkordvarianten greift man sogar die tiefe E-Saite mit dem Daumen … . Das hat aber erstmal nichts mit korrekter Handhaltung zu tun, sondern zählt eher zu der Kategorie „Man muss die Regeln kennen, um sie auch mal brechen zu dürfen“.

Was Geschmackssache ist:

Ob Du Deinen Daumen wirklich exakt auf der Rückseite des Gitarrenhalses positionierst, oder etwas weiter oben, das hängt einfach von der Größe Deiner Hand und von der Form Deines Gitarrenhalses ab. Viele Klasische Gitarren und viele „Flitzefinger-Gitarren“ im Ibanez-Stil haben einen hinten sehr abgeflachten Halsquerschnitt. Hier bietet es sich an, den Daumen wirkich exakt auf der Rückseite zu positionieren.

Bei vielen Westerngitarren oder E-Gitarren im klassischen Strat-Stil oder LesPaul Bauweise ist der Hals auf der Rückseite eher dicker und rund. Hier bietet es sich an, mit dem Daumen etwas mehr hoch zu wandern.

Beides ist völlig in Ordnung.

Die Position der Finger beim Greifen

Was immer gilt:

Spiele mit so wenig Kraft wie möglich. Gerade so viel, dass die Saite ordentlich auf das nächste Bundstäbchen gedrückt wird und es nicht schnurrt. Gerade am Anfang drückt man die Saiten mit viel zu viel Kraft hinunter – aber wenn Du gezielt darauf achtest, mit wenig Kraft zu spielen, geht der richtige Krafteinsatz schnell in Fleisch und Blut über.

Was fast immer gilt:

Die Finger sollten senkrecht auf den Saiten stehen. Nur so hast Du einen möglichst kleinen aber klar definierten Auflagepunkt und berührst nicht aus Versehen andere Saiten, die dann ungewollt abgedämpft werden.

Ausnahmen: Es gibt manche Griffe, bei denen Du tatsächlich mit einem Finger mehrere Saiten herunterdrücken musst. Natürlich die sogenannten Barré-Akkorde, bei denen ein Finger über das ganze Griffbrett gelegt wird. Aber auch Griffe, bei denen z.B. der Zeigefinger die h-Saite und die hohe e-Saite greift. Zu diesem Zweck legt man den Finger leicht schräg – aber das ist nichts für Einsteiger.

 

 

 

 

 

 

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